Tobias

Buddy Tobias

Tobias, schwul, Jahrgang 1969
Positiv seit September 2019, in Therapie seit dem 8. Oktober 2019,
drei Wochen später nicht mehr infektiös. 

Mein Testergebnis HIV-positiv war ein Schock. Pubertät in den 80-ern, Kondomgebrauch beim Sex war eine Selbstverständlichkeit. Da hatte ich nun alles getan, um mich bloß nicht zu infizieren und dann ist es doch passiert. Die ersten drei Tage hatte ich immer wieder geheult, mir Selbstvorwürfe gemacht, mehr als einen Monat waren meine Nächte sehr kurz, kreisende Gedankenkarusselle beendeten meinen Schlaf oft schon nach nur drei Stunden. Wie ein ständiges Mantra – „Ich bin HIV-positiv“ – sprach es immer wieder aus mir heraus. 

Gefühlt kannte ich niemanden, der HIV positiv war, mit dem ich hätte reden können – genau das hatte ich mir sehnlichst gewünscht. Informationen aus dem Internet zu sammeln erwies sich als verwirrend. 

Ich empfand die Diagnose als „existentielle Klatsche“ und auf mich stürmten einige Gedanken ein. Klar war mir aber schnell: Ich will mit HIV fertig werden und ich werde damit fertig werden. Ich will leben und weiterhin Sex haben und vor allem: Ich will mich nicht verstecken. Verglichen mit meinem ersten Coming out als schwuler Mann empfand ich das zweite Coming out als HIV-Positiver trotz großer Befürchtungen als unkomplizierter. Mein komplettes Umfeld hatte toll reagiert. Durch meinen offenen Umgang mit HIV habe ich dann gemerkt, dass in meinem Bekanntenkreis auch mehrere Menschen HIV positiv sind. Rückblickend kann ich sagen, dass ich nie irgendwelche Symptome im Zusammenhang mit HIV hatte oder irgendeine Nebenwirkung infolge meines Medikaments. Ich nehme nur eine Tablette am Tag. Und völlig überraschend: der Sex ist sogar noch besser geworden. Die Angst vor STIs ist weg. 

Als Mensch macht mich wesentlich die Eigenschaft aus, immer wieder mit Neugierde und Staunen Entdeckungen zu machen. Das können Phänomene in den unendlichen Weiten des Weltraums sein oder auch der unvorstellbare Platz im Mikrokosmos, das faszinierende Zusammenspiel in der Natur oder mehrere Ebenen in Literatur oder Kunstwerken oder den universellen Gesetzmäßigkeiten der Mathematik. Manchmal lese ich gerne ein Buch, manchmal koche ich gerne mit Freunden. Ich treibe gerne Sport oder gehe Tanzen. Meistens bin ich der letzte auf der Tanzfläche.  

Manchmal taucht das Mantra – „Ich bin HIV-positiv“ –  noch auf, aber heute in einem buchstäblich positiven Sinn. Die damalige „existenzielle Klatsche“ fasse ich inzwischen als Appell auf möglichst gut mit mir umzugehen.  

Falls du nach einem positiven Testergebnis Fragen hast oder vielleicht einfach jemanden zum Zuhören brauchst, kannst du dich gerne an mich wenden. Du bist mit HIV nicht allein. Wie auch immer deine Entscheidungen im Umgang mit HIV ausfallen werden, begleite ich dich gerne ein Stück, stehe dir für ein Gespräch zur Verfügung oder beantworte Fragen. Ich bin sicher, auch du hast alles in dir, um mit HIV und dir gut umzugehen. 



Liebe Grüße
Tobias
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